Seite wählen

Es ist die uralte Frage nach Henne oder Ei, was war zuerst da? Diese Frage stellt man sich auch bei vielen Doku-Soaps, deren Macher für sich in Anspruch nehmen, Trends ins Leben gerufen zu haben. Können Soaps tatsächlich Trends kreieren oder folgen sie ihnen nur?

Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) misst so genau wie möglich, welche Sendungen wieviele Zuschauer erreichen. Erfassungsgeräte, die in repräsentativen Haushalten über alle Bundesländer verteilt sind, dienen dabei als Datenlieferanten. Gemessen wird sowohl quantitativ, als auch qualitativ. Wer sich die so ermittelten Einschaltquoten einmal genauer anschaut, der versteht, warum viele Bundesbürger spielend sagen können, welcher Bauer gerade eine Frau gefunden hat, während die Frage nach dem aktuellen Ministerpräsidenten oft ins Leere geht. So gut die erhobenen Daten auch sein mögen, zählen tut nicht zuletzt, wer dafür zahlt. Und das sind besonders die Werbetreibenden. Die wollen nämlich wissen, auf welchen Sendern und bei welchen Programmen sich ihre so genannte „werberelevante Zielgruppe“ herumtreibt. Danach beurteilen sie, wo sich Spots am besten schalten lassen. Und da Sender nun einmal Geld verdienen müssen, bieten sie verstärkt Formate an, in denen Werbung besonders effektiv ist. Für Privatsender ist das eine Überlebensfrage. Und unter diesem Gesichtspunkt schneiden Soaps nun einmal am besten ab.

Ein schönes Beispiel sind die Auswanderer-Soaps. Welches Programm hatte sie eigentlich zuerst? Niemand kann sich heute noch daran erinnern, denn bald hatten alle sie. Kaum ein Programm, auf dem nicht in aller Herren Länder ausgewandert wurde. Redakteure hatte ihre liebe Not, genug Kandidaten zu finden. Es gab Zeiten, in denen Auswanderungswillige von mehreren Sendern gleichzeitig bedrängt wurden.

Es kam, wie es kommen musste: Irgendwann war das Thema durch. Und die Begeisterung in fernen Landen nahm auch langsam ab. Irgendwie hatten sich die Auswanderer ihr neues Leben doch anders vorgestellt. Nach und nach trudelten sie wieder ein. Was jetzt kam, war klar: Rückkehrer-Soaps, die uns lehrten, dass es daheim eben doch am schönsten ist. Ende gut, alles gut.

Doku-Soaps sind wie wir. Sie bilden uns ab, wie wir sind. Oder zumindest so, wie wir sein könnten. Das, was wir sehen, ist „Programm von nebenan“. Und gerade daraus beziehen Soaps ihre Faszination und die hohe Identifikation der Zuschauer. Deshalb ist es ihnen auch nur sehr begrenzt möglich, neue Impulse zu setzen. Man will sich schließlich darin wiedererkennen. Und das tut man nur, wenn die Handlung und die Handelnden sich weitgehend daran orientieren, was „draußen“ tatsächlich passiert.

Klar, dass dabei polarisiert werden muss, um Aufmerksamkeit zu schaffen. Und wenn ein Trend nicht mehr trägt, dann bedient man sich eben, indem man den eintretenden Gegentrend abbildet. Man kann also fast schon vorhersagen, was in den nächsten Jahren zu Doku-Soaps verarbeitet werden wird:

„In der City drehen sich alle nach mir um – Auffallen mit dem Elektroauto“

„Tut weh, aber da muss ich jetzt durch – Der harte Weg zur Tatoo-Entfernung“

„Ich zieh hier weg – Mein Stadtteil wird mir zu deutsch“

„Müllers auf dem Weg zum Mond – Die ersten Weltraumtouristen“

Vorhersagen kann man auch, dass wieder etliche Sender behaupten werden, diese Trends durch ihr neues Format ins Leben gerufen zu haben…