Investigativer Journalismus, das bedeutet bei der „Bild“, dass man notfalls auch mal im Müll stöbert, um Skandalen auf die Spur zu kommen. Und dabei fand man, was dort eigentlich nicht hingehört: Fanpost an die DSDS-Stars. Schlimm genug, doch das war noch nicht alles: Etliche Sendungen waren offenbar nicht einmal geöffnet worden.
Unerhört: Da warten die Fans stundenlang bei überfüllten Autogrammstunden und nehmen, wie unlängst im Einkaufszentrum Centro in Oberhausen, die Gefahr auf sich, in der Hysterie der Massen erdrückt zu werden. Sie schreiben, malen und basteln mit ganzem Herzen liebevoll gestaltete Briefe und Päckchen für ihre Vorbilder. – Und dann wandert das Ganze ungelesen in die Altpapier-Tonne.
Die Jugendlichen sind zu Recht enttäuscht. Sie investieren ihr Taschengeld, um für ihre Favoriten zu stimmen. Schließlich kostet sie jeder Anruf, mit dem sie für ihren Star voten, 50 Cent. Wenn dann auch noch die Zeit und Energie, mit der sie aufmunternde Fanpost gestaltet haben, damit ihr Kandidat durchhält, derart ins Leere geht, fühlen sie sich verschaukelt… Viele hatten sich richtig Mühe gegeben und tagelang an einem Brief oder einem Päckchen gebastelt.
Offenbar sind erhebliche Anteile der im Müll gefundenen Fanpost nicht einmal geöffnet worden. Sind die Stars nach wenigen Wochen des Ruhms bereits derart abgehoben, dass sie es nicht mehr nötig haben, das Feedback ihrer Fans zur Kenntnis zu nehmen? Oder haben die Briefe ihre Empfänger vielleicht überhaupt nicht erreicht?
Was sagt RTL zu dieser Schlamperei? In einer Stellungnahme erklärte der Sender, es sei zwar angesichts der Menge nicht möglich, alle Zuschriften dauerhaft aufzubewahren. Man sei jedoch schockiert, sofern Sendungen überhaupt nicht bis zu den Kandidaten vorgedrungen seien. Betroffenheit auch bei den Stars, die beteuern, dass ihnen jeder Fan wichtig und jede Zuschrift lesenswert sei.
Sollte man es nicht ohnehin ihnen, den Kandidaten, überlassen, ob und wann sie ihre Fanpost vernichten. Sie alle waren bis vor kurzem noch völlig unbekannt. Seit kurzem stehen sie im Licht der Scheinwerfer. Ein kurzer, intensiver Moment im Laufe eines noch langen Lebens, der für die meisten von ihnen bald wieder vorüber sein wird. Was dann bleibt, ist Erinnerung. Erinnerung an diese kurze, intensive Phase, in der sie einmal ganz oben waren. Von Zeit zu Zeit wird man vielleicht froh sein, die Kartons vom Dachboden holen zu können und sich zurückzuversetzen in die Monate, in denen man Tausende von Anhängern hatte, die einem Tag für Tag begeisterte Briefe schrieben… Und sei es nur, um den Enkeln später einmal zeigen zu können, wie toll das damals alles war.
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